Wöchentlicher Kommentar von Stefan Loipfinger

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Karin Loipfinger
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Re: Wöchentlicher Kommentar von Stefan Loipfinger

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Edvard Munch wäre derzeit wohl aus dem Schreien nicht mehr herausgekommen<br />Quelle: Collage vom Bild &quot;Der Schrei&quot;, in die Breite gezogen und ergänzt
Edvard Munch wäre derzeit wohl aus dem Schreien nicht mehr herausgekommen
Quelle: Collage vom Bild "Der Schrei", in die Breite gezogen und ergänzt

Pleitewelle bei Bauträgern wird zum Tsunami

18.08.2023 • Liebe Leserinnen und Leser,

derzeit erlebt die Immobilienbranche eine Zäsur wie noch nie. Euroboden, Development Partner, Centrum, Revitalis oder die Project-Gruppe sind seit Tagen in den Schlagzeilen. Aber haben Sie schon von der Paulus Wohnbau gehört? 111 Millionen Euro Bilanzsumme reichen aktuell nicht mehr, um mit einer Insolvenz in die überregionalen Medien zu kommen. Da diese Firma aber mehrere Schwarmfinanzierungen emittierte, wird über den Insolvenzantrag intensiv im Anlegerforum Investmentcheck.Community diskutiert. Zinsbaustein als sammelnde Plattform muss nun beweisen, ob sie sich ernsthafter für die von ihr vermittelten AnlegerInnen einsetzt als das beispielsweise Exporo, Dagobert oder Bergfürst bei Problemfundings tun.

Angesichts dieser Bauträgerpleitewelle möchte ich kurz auf eine Gruppe Geschädigter eingehen, die häufig bei der Betrachtung tausender AnlegerInnen unter geht: Die WohnungskäuferInnen. 3,2 Milliarden Euro Gesamtvolumen bei Project verkörpern 6.200 einzelne Wohn- und Gewerbeeinheiten. Manche sind global verkauft und manche überhaupt noch nicht, aber mehr als 1.000 Familien dürften derzeit nicht gut schlafen, weil sie je nach Baufortschritt bereits ganz erhebliche Beträge anbezahlt haben. Hier geht es häufig um die Existenz, was Scharlatane durch Panikmache gleich ausnutzen. Besonnenheit und das Sammeln von Fakten sollte derzeit oberste Priorität haben. Klar redet oder schreibt sich ein Außenstehender leicht, wenn er zur Besonnenheit aufruft und selbst keine Existenzangst hat. Nur unsinnige Ausgaben für Rechtsbeistände machen die Situation nicht besser. Seriöse AnwältInnen recherchieren erst und informieren sachlich. Wie schlimm die Auswirkungen der bisher fünf insolventen Project-Unternehmen am Ende für die Objektgesellschaften sein werden, ist derzeit noch nicht absehbar. Das sind allerdings die Vertragspartner der WohnungskäuferInnen.

Zeitnah eine Entscheidung müssen die Ratensparer bei den Project-Fonds treffen. Rund 5.000 AnlegerInnen haben beispielsweise in die Ansparangebote Metropolen 15, 17, 19 und 21 investiert. Sie zahlen monatlich Geld in ein Fass, von dem sie nicht wissen, ob dieses noch einen Boden hat. Aber die Zahlungen einfach einstellen würde bedeuten, vertragsbrüchig zu werden. Deshalb habe ich Kerstin Kondert vom Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz gebeten, ein rechtlich geprüftes Musterschreiben erstellen zu lassen. Das haben wir schon einmal sehr erfolgreich bei Steiner & Company aus Hamburg praktiziert.

Zum aktuellen Stand des gesamten Verfahrens hat Schultze & Braun gestern eine Pressemitteilung verschickt. Der bei der Holding Project Real Estate AG nun eingesetzte vorläufige Insolvenzverwalter Volker Böhm versucht zu beruhigen und betont als Priorität, den KäuferInnen der Wohnungen belastbare Informationen zu liefern. Das ist lobenswert, zeigt aber, dass Project über diese Informationen nicht verfügt. Der extreme Aderlass beim Personal von über 600 auf nun noch 270 MitarbeiterInnen hat das von Vielen im Anlegerforum bemängelte Chaos wohl noch verstärkt. Die Sorgen der FondsanlegerInnen, wie stark die Insolvenzen auf die Investment-Seite durchschlagen, sind durch einen Insolvenzantrag bei der Project Vermittlungs GmbH (Bericht vom 14. August) stark vergrößert worden. Verwalter Böhm hat in seiner Pressemitteilung mit dem kleinen Wörtchen „noch“ die letzte Hoffnung zerstört. Er hat nämlich betont, dass die Investment-Sparte „noch weitgehend Insolvenz-frei“ sei.

Bleibt mir ein letztes Thema, das mich diese Woche mal wieder sprachlos machte: Am Dienstag fand in Fürth die Fortsetzung der Gläubigerversammlung bei der seit Dezember 2021 insolventen Leonidas III statt. Nachdem „Anlegeranwalt“ Michael Handlos aus München bereits die erste Versammlung im Februar sprengte, hat dieser nun auch die Fortsetzung durch einen meines Erachtens fragwürdigen Antrag torpediert. Nach über 1 1/2 Jahren gibt es nun immer noch keinen endgültigen Insolvenzverwalter. Rechtsanwalt Ralph Veil von der Kanzlei Mattil hat dem zur Abwahl vorgesehenen vorläufigen Verwalter Tobias Rußwurm von WallnerWeiß in den Sattel geholfen. Obwohl rund 70 Prozent der AnlegerInnen einen anderen Insolvenzverwalter wollen, sorgt das Gericht nicht für Handlungsfähigkeit.

Bleiben Sie besonnen

Ihr
Stefan Loipfinger

P.S.: Nächste Woche werde ich ein paar Tage Urlaub machen, weshalb am Freitag den 25. August 2023 kein Newsletter geplant ist.
Karin Loipfinger
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Wichtig wäre, dass die restlichen Project-Firmen überleben
Wichtig wäre, dass die restlichen Project-Firmen überleben
Systemtests auf verschiedenen Ebenen

01.09.2023 • Liebe Leserinnen und Leser,

Abgeordnetenwatch hat vor ein paar Tagen interne Unterlagen veröffentlicht, wie eng die Finanzlobby mit der deutschen Politik verwoben ist. Bundesfinanzminister Christian Lindner sowie der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber haben sich erfolgreich gegen das von EU-Finanzkommissarin Mairead McGuinness angedachte Provisionsverbot stark gemacht. Lindner schrieb nach Brüssel, dass Abschlussprovisionen für Produkte der privaten Altersversorgung in Deutschland normal seien: „Ich habe die starke Befürchtung, dass ein generelles Verbot die Anlageberatung in den Fällen behindern würde, in denen sie am meisten benötigt wird.” Was ich an dieser Form der Lobbyarbeit aber vermisse, sind konstruktive Vorschläge zur Verbesserung der Situation. Viele kennen meine Meinung, wonach ich für eine Abschaffung des Provisionswettbewerbs durch Einführung einer Honorartabelle ähnlich der Steuerberatung bin. Ob diese Honorare der Produktanbieter überweist, ist dann nicht mehr entscheidend, wenn am Ende eine wichtige Dienstleistung überall gleich und vernünftig bezahlt wird.

Neben der Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen, die einen funktionierenden Wettbewerb bei der Produktqualität statt für das lukrativste Provisionssystem gewährleisten, ist eine wirksame Kontrolle ganz entscheidend. In dem Punkt hat die Finanzaufsicht BaFin zuletzt mit der Aufhebung einer KVG-Erlaubnis Schlagzeilen produziert. Bei der für zahlreiche Fonds tätigen Adrealis Service Kapitalverwaltungs-GmbH haben die Aufseher die Erlaubnis aufgehoben. „Unter anderem“ wäre dies veranlasst worden, weil nicht mindestens zwei Geschäftsleiter bestellt waren. Die Konsequenz ist, dass die Verwaltung der Fonds auf die Verwahrstelle überging. Wenn ich mir die Erfahrungen bei einigen offenen Immobilienfonds ansehe, dann bin ich nicht überzeugt, dass dort mehr als die Formalismen erfüllt werden. Eine andere Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG), mit ausreichender Kompetenz bei den jeweiligen Assets, wäre mir lieber.

Managementkompetenz bei einer KVG ist derzeit auch bei der Project-Gruppe gefordert. Seit meinem letzten Newsletter wurde ein Ausschüttungsstopp für gewinnunabhängige Auszahlungen verkündet. Mit der Project Real Estate Institutional GmbH ist nun die sechste Firma der Gruppe insolvent. Derzeit prüfe ich regelmäßig die Insolvenzbekanntmachungen in Österreich, da ich dort die Nummer sieben vermute. Damit wäre der Project-Immobilienbereich komplett unter Insolvenzverwaltung, dem Investment-Bereich bleiben weitere Anträge hoffentlich erspart. Für die AnlegerInnen und die WohnungskäuferInnen ist es aber viel entscheidender, was auf Ebene der 118 Entwicklungsgesellschaften passiert. Ich habe mir zwischenzeitlich unzählige Jahresabschlüsse gezogen, denn nur über die historische Entwicklung ist aus den rudimentären, öffentlich verfügbaren Versionen etwas ableitbar. Das Ergebnis ist, dass ich regelmäßig auch in Deutschland das Portal für Insolvenzbekanntmachungen besuche.

Das ist jetzt aus rechtlichen Gründen nebulös formuliert und könnte Ängste bei den Betroffenen auslösen. Deshalb möchte ich an der Stelle noch einmal betonen, dass ich weiterhin keine(!) Insolvenzgefahr für die Fonds sehe. Klar werden diese durch mögliche Insolvenzen auf Ebene der Entwicklungsgesellschaften in Mitleidenschaft gezogen. Das wird schon deshalb passieren, weil ein ausgefallener Generalunternehmer zwangsläufig negative Folgen hat. Baut jemand anderer weiter? Zu welchem Preis in welcher Zeit? Welche Alternativen gibt es, um den Schaden in Grenzen zu halten? Ganz viele Fragen, die in jedem Einzelfall individuell beurteilt werden müssen. Volker Böhm als vorläufiger Insolvenzverwalter bekommt hier noch einiges zu tun.

Was können hingegen die AnlegerInnen derzeit tun? Nach meiner Meinung nur abwarten und die Entwicklungen aktiv beobachten. Wie ich gehört habe, werden nächste Woche Briefe an AnlegerInnen verschickt. Bei den AnsparanlegerInnen hat die Fondsgeschäftsführung ab September die Rateneinzüge ausgesetzt. Mehr weiß ich noch nicht, werde aber immer ganz aktuell im Forum Investmentcheck.Community berichten. Die Aussetzung der Ratenzahlung ist ein gutes Zeichen, dass die Interessen der AnlegerInnen noch eine Rolle spielen. Dieses Signal halte ich für ganz entscheidend. Denn am Ende wird es darum gehen, ob die unstrittig vorhandene Substanz billig zerschlagen und verscherbelt wird, oder ob es im Interesse aller Beteiligten vernünftige Überlegungen zur Schadensminimierung gibt.
Bleiben Sie informiert

Ihr
Stefan Loipfinger
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Project muss versuchen möglichst viele Baustellen fertigzustellen
Project muss versuchen möglichst viele Baustellen fertigzustellen
Mangelhaft für die Kommunikation mit Project-AnlegerInnen

15.09.2023 • Liebe Leserinnen und Leser,

zwei Jahre haben AnlegerInnen der Leonidas-Fonds gekämpft. Nun haben sie einen grundlegenden Durchbruch erzielt. Denn heute teilte Martin Retsch als Geschäftsführer der Re:Fonds GmbH (vormals HTB Renewable) mit, dass er die Geschäftsführung bei acht Fonds entsprechend niederlegt. Er setzt damit endlich die mit überwältigender Mehrheit der AnlegerInnen getroffenen Beschlüsse um. Konkret betroffen sind die Leonidas Fonds V, VI, VIII, XI, XII, XIII, XIV und XVII. Weiterhin überlässt er den von den AnlegerInnen gewählten Herren Thomas Hartauer und Hubertus Päffgen von der CAV-Partners die Geschäftsführung bei verschiedenen Zwischengesellschaften, zu der wiederum einige der Projektgesellschaften gehören. Auch wenn damit noch eine ganze Reihe weiterer Gesellschaften von Retsch verantwortet werden, dürfte es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis Re:Fonds (vormals HTB Renewable) alle Steuerruder übergibt. Unklar bleibt damit allerdings, wie mit vermutlich längerfristig vereinbarten Dienstleistungsverträgen umzugehen ist. Ebenfalls unklar ist, wie sich die Vorgänger Antje Grieseler und Ralph Schamberger verhalten, die von Re:Fonds trotz heftigster Kritik nicht aus allen Funktionen entfernt wurden. Der Einsatz der IG-Leonidas wird weiter gefordert sein. Aber jetzt kann zusammen mit der CAV-Partners die Arbeit beginnen, um die Situation in den Fonds zu verbessern.

Im Hinblick auf die Insolvenzen in der Project-Gruppe sind mittlerweile 55 Namen von Immobilienentwicklungsgesellschaften bekannt, bei denen das Amtsgericht Nürnberg vorläufige Insolvenzverfahren einleitete. Für manche Fonds sind die möglichen Folgen schwerwiegend. Zum Beispiel investierten Project Metropolen 18 und Project Metropolen 19 mittelbar per Ende 2021 unglaubliche 70 Prozent ihrer Gelder in diese zahlungsunfähigen Immobilienentwicklungsgesellschaften. Das schürt weiter die Angst der AnlegerInnen um ihr Geld, da die Project Investment AG als zuständige Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) völlig unzureichend kommuniziert. Diese Informationspolitik ist nicht nachvollziehbar. Man könnte sogar formulieren, dass die Nichtinformation inakzeptabel ist. Wofür kassiert eine KVG Millionen, wenn sie den AnlegerInnen gegenüber in ihrer schwersten Stunde nicht erklärt, wie es um ihr Geld bestellt ist. Leider ist dies keine Eigenschaft, die erst seit den ersten Insolvenzanträgen auftritt. Die in den Verträgen definierten Fristen zur Aufstellung der Jahresberichte innerhalb von sechs Monaten nach Geschäftsjahresende lief bereits Ende Juni ab.

Bleibt mir noch ein letztes Thema in eigener Sache: Vielleicht ist Ihnen aufgefallen, dass meine Homepage investmentcheck.de fast eine Woche nicht mehr online verfügbar war. Eine noch extremere DDoS-Attacke als vor einigen Wochen beim Forum führte dazu, dass das ganze Netz in Rosenheim in Mitleidenschaft gezogen wurde. Dem lokalen Betreiber der Server wurde gedroht ihn rauszuwerfen, weshalb er mir nahelegte, zu wechseln. Damit meine Homepage aber überhaupt wieder eine neue Heimat finden konnte, muss ich auf ein völlig neues System umstellen. So etwas klappt nicht in wenigen Tagen und kostet auch noch einiges. Was mich aber wirklich ärgert, ist der Verlust im Google-Rank. Ja, wir sind alle abhängig davon, dass uns diese übermächtige Suchmaschine mag. Wer allerdings eine Woche nicht erreichbar ist, wird von den Algorithmen massiv abgestraft, egal ob er Opfer oder Schlamper ist. In meinem Fall habe ich sieben Jahre dafür gearbeitet, damit meine Homepage gefunden wird. Keine Ahnung, wie schlimm der Schaden ist, den ein ziemlicher Feigling für viel Geld anrichten ließ. Wenn Sie so ein Verhalten auch falsch finden, dann können Sie mit einem Backlink von Ihrer Homepage mit dazu beitragen, dass dieser Feigling mit seinen erkauften Zerstöraktionen ins Leere läuft.

Bleiben Sie motiviert.

Ihr
Stefan Loipfinger
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